Ja ich weiß, viele Monate der Verödung des Blogs, das ist nicht schön, aber nun ein Post der sich gewaschen hat, und so lang ist, dass es mich freut, wenn ihr bis zum Ende aushaltet.
Viel ist passiert in der letzten Zeit, was nun bewusst fragmentiert und unchronologisch aufgearbeitet wird.
Fangen wir mit unserer Wohnung an. Wir lieben sie, dieses Appartement ist tatsächlich mittlerweile zu unserem zu Hause geworden und es ist grässlich, aber beschlossen: Wir werden ausziehen!
Warum? Der Schimmel in jedem Raum, der sich wegen kleinen Rissen in den Außenwänden gebildet hat, hat nun die gesamte Wohnung befallen. Der sieht echt aufregend aus, schwarz mit kleinen weißen Härchen. Aber da er auch stinkt, und sich wahrscheinlich schon in unseren Bronchen häuslich eingerichtet hat, werden wir das Appartement verlassen. Das nervt, weil umziehen in Israel für mich wie eine Odyssee klingt, weil wir noch nicht wissen wohin, und dabei haben wir hier echt schon ne ganz coole Connection gebildet mit dem billigen Bäcker und dem „Dicke Junge Laden“.
Und was haben wir diese Wohnung gepimpt! Mit Collagen, Parolen und 2 großen Wandgemälden.
Aber egal, ist ja eh bald vorbei.
Was kann man über die Arbeit sagen? Eine Menge, aber nur ein paar Annekdoten:
Beim Duschen nach dem Pool, fanden 2 meiner friends mich, oder die Dusche so sympathisch, dass sie zu mir rein kamen, drei nackte Männer unter einer Dusche, das wäre auch was für den Therapeuten. 3 guys, one shower!, oder so.
Mittlerweile kann ich auch sehr stolz auf mich sein, ich habe schon mehrere Tage überstanden, ohne dass meine regulären Guides dabei waren. Dann habe ich den ganzen Tagesablauf organisiert und darauf geachtet dass alle unsere Aktivitäten auch wahrgenommen werden. Und das will was heißen, da meine Gruppe die gefährlichste ist. Aber die coolste und liebenswerteste, sind wir mal ehrlich.
Am Rande zu meinen Sprachfertigkeiten: Ich bin zwar echt ne Krücke in hebräisch, konnte aber unser Kallerbat Shabbat unser Süßigkeitensnack jeden Donnerstag anleiten und ankündigen. Waren zwar nur 5 Sätze, dennoch ich bin sehr stolz auf mich!
Fucking Purim: Purim ist eines der wichtigsten Feste der jüdischen Kultur.Man feiert, dass eine gewisse Esther den König von irgendeinem antiken Volk überredet hat keinen Genozid zu begehen und die Juden in seinem Reich nicht zu töten. Das nimmt man als Grund sich zu verkleiden und maßlos zu betrinken. Also wie in unserem Karneval. Ich wünschte ich könnte Photos von meinen verkleideten friends zeigen, aber das geht nicht. Zum einen ist es illegal, zum anderen durfte ich nicht auf die große Purimparty im Auditorium, weil meine beiden Guides nicht da waren und meine Gruppe zu schlecht drauf an diesem Tag. Aber ich wurde mit Kieseln beworfen. Fast wie Kamelle...
Dafür war die Straßenparty in Tel Aviv mindestens genauso gut.
Das Wetter ist übrigens phantastisch, über 20 Grad , trage eine Sonnenbrille und habe mir schon den Nacken angesengt. Doch wär mich kennt weiß, dass das eigentlich nichts heißt...
Letzten Monat haben mich Mama, Stephan und Benedikt besucht, Andreas war ja schon da.
Es ist sehr schön gewesen sie wieder zu sehen, es machte mir Spaß ihnen all die coolen Plätze in Israel zu zeigen und zu sehen, welche Kraft manche Bilder immer noch auf mich haben, auch wenn ich sie schon mehrmals gesehen habe.
Darüberhinaus habe ich gelernt, das ich hier wirklich schon gute Freunde habe: Der Typ, der uns das Auto organisiert hat, hat nicht nur einen billigen Preis herausgeschlagen, nein er hat, seine Kreditkarte als Pfand gegeben, ohne die wir den Wagen hätten vergessen können. Danke Steven!
Und eine Erkenntnis: Du kannst so alt sein wie du willst, so hart gesotten, so selbständig und abgehärmt, wie du es dir denkst, es ist völlig egal.
Wenn Muttern kommt, bist du wieder Sohn.
Nun ein wenig zur Politik:
Ihr habt es bestimmt alle mitbekommen, dass Israel den Iran angreifen will. Der Punkt ist, es ist nun mehr als das bekannte Säbelrasseln des Netanjahu, diesmal darf man ruhig Sorge haben. Obwohl Amerika dagegen ist, strebt Israel weiter gegen den Iran, und das will was heißen wenn nicht mal die USA bereit ist Israel zu unterstützen, zeigt auch wie sehr sich Israel von der UN emanzipiert und sein eigenes Ding durchzieht. Sollte es zu einem Krieg kommen, werden wir alle das Land sofort verlassen müssen. Ich hoffe also, dass sich die Fronten beruhigen. Mehr hoffe ich jedoch, dass Ahmadinejad zu einem atomwaffenhassenden Hippie wird.
Wir hatten ein Seminar mit der evangelischen Kirche, unser Zwischenseminar zum Reflektieren und Besinnen. Es war gut, einmal zurückzutreten und sich über einige Dinge Gedanken zu machen, über die eigene Lage hier und in Deutschland, was man schon alles erlebt hat, und noch alles erleben wird.
Und was habe ich schon alles hier erlebt:
Eine äthopisch-jüdische Hochzeit. Eine Party im Schwulenclub. Trampen. verdrogte Volontäre. Nymphomaninnen. Gypsies. Pogen. Grölen auf der Bühne. Taxi fahren mit Polizisten. In Häuser einbrechen. Schwimmen im Toten Meer. Eine Mitarbeiterparty -> besser Orgie. Musik bis zum Umfallen. Besuch aus Deutschland. Übernachten bei Leuten die man kaum kennt. Kakerlaken in der Küche. Ein Auto das mir über die Füße fährt. Humusschlachten. Dubstep bei der Arbeit. Aggressionen die einen Angst machen. Küsse und Umarmungen von Menschen, die angeblich keine Gefühle äußern können. 5 Liter Kaffee am Tag. Vegetarier bleiben. Raucher leider auch. Banksy in Betlehem. Diskussionen mit Israelis und Palästinern. The pursuit of happiness. 15 jährige Mädchen die Kampfpiloten werden wollen. Heinrich Böll auf den Weg nach Tel Aviv lesen. Frieden vermissen. Erdbeeren von nebenan essen. Hangover in Jerusalem. Nicht wissen was zum Teufel ich studieren soll. Einige Romanzen. Geschmuggelte Camel rauchen. Erkennen das die Küchenfliesen weiß, nicht wie angenommen braun sind. Jeden Tag um viertel vor 6 aufstehen. Nicht wissen ob ich Misanthrop oder Philanthrop bin. Ein verstauchter Fuß. Sprachkurs schwänzen.
Und unbeschreiblich viel Spaß!
Danke an all, die mir das Jahr hier ermöglicht haben, und daran teilnehmen.
Shabbat Shalom,
euer Johannes