Die zweite Woche ist vorbei und die Schläfrigkeit des Shabbats fängt auch an durch die Straßen der Stadt zu schleichen.
Doch war es erneut eine enorm ereignisreiche Woche!
Fangen wir mit etwas weniger erfreulichen an: Ich hab ordentlich einen vor den Latz bekommen!
Jasch (ich werde nie den Originalnamen eines Friends nennen) fühlte mich am Dienstag durch meine Anwesenheit so stark in seiner Lebensqualität eingeschränkt, dass er es für eine gute Idee hielt mir mit voller Kraft auf den Rücken zu schlagen.
Ja, es tat sehr weh; War aber alles in allem nicht so dramatisch.
„This was not the first time, and not the last time, that some one hits me“
Nu ja, als Trost bekam ich vom Projekt einen Frühstücksgutschein geschenkt. Hat alles immer seine zwei Seiten...
Aber Gewalt ist etwas alltägliches in der Arbeit mit vielen Behinderten, und nicht das Schlimmste.
Ich persönlich empfinde die Gewalt nach außen (die wirklich nicht sehr häufig aufkommt) weniger verstörend, als Autoaggression: Wenn man etwas draufbekommt, dann ist das eben so, aber viel unerträglicher ist der Anblick eines Menschen, der sich nicht davon abbringen lassen will, den Schädel mit solcher Wucht gegen die Wand zu schlagen bis die Haut aufplatzt und er zu bluten anfängt.
Nach diesem unangenehmen, aber tatsächlich existierenden Teil meiner Arbeit nun ein Ausflug in meinen Arbeitsalltag:
5:45 Uhr: Fluchen, Aufstehen und duschen. Lecker Kaffee mit Instandpulver trinken. Gott wie ich mich schäme...
6:30 Uhr: Bus erwischen und hinsetzten. Die Gegend betrachten und versuchen nicht die ganze Zeit böse zu gucken.
6:55 Uhr: Aus dem Bus aussteigen, Zigarette anzünden und zum Projekt gehen.
7:00 Uhr: Mit der eigenen, ganz persönlichen ID-Card einchecken, voll arbeitnehmermäßig, und dann in mein Haus gehen.
In meinem Haus, dass heißt ein Bereich des Gebäudekomplexes, kein eigenes Haus leben insgesamt
9 Friends. An anderer Stelle werde ich sie näher beschreiben. Meine erste Aufgabe ist es, die verpennte Kraft der Nachtschicht abzulösen, und beginne die Friends fertig zu machen. Je nach Selbständigkeit des Bewohners reicht es, diesen zu wecken und beim Ankleiden zu helfen. Andere muss man duschen und regelrecht dazu zwingen dieses Grundmaß an Körperhygiene über sich ergehen zu lassen. Ein Guide, d. h. ein Festangestellter macht in der Zwischenzeit das Frühstück fertig, oder auch ich, am wechselt sich da ab.
Unterlegt wird das ganze von schöner Punkmusik oder brummenden Elektrobässen.
Wenn die Friends gegessen haben, und man verhindert hat, dass sie sich gegenseitig das Essen streitig machen haben die Bewohner noch Zeit sich in Ruhe in ihren Zimmern aufzuhalten oder Sitcoms auf Englisch, wahlweise hebräische Werbung im Fernsehen zu gucken.
9:00 Uhr: Nachdem nun die Friends gewaschen, gesättigt und mit lecker Medikamenten eingedeckt sind, werden sie in ihre festen Gruppen gebracht. In ihren Gruppen werden sie dann den Tag über betreut und und auf verschiedene Arten beschäftigt.
Die Aktionen in meiner Gruppe sind neben zwei kleinen Snacks ein Spaziergang mit kleinen Picknick, die Geschichtsstunde und der Swimmingpool.
Das Picknick:
Nachdem die Friends mit Sonnencreme und hübschen bunten Kappen eingedeckt sind gehen wir los. Der Weg führt aus dem Gelände heraus durch ein Green village (eine Art Mischung Schrebergartensiedlung und Kibbuz) zu einem Platz auf dem zwei, drei Bäumchen gnädig Schatten spenden. Eine Decke wird ausgelegt, Orangen geschält und Pflaumen verteilt. Dazu eine Tasse gewürztes Wasser. Man muss übrigens aufpassen, unsere Friends haben ein großes Freiheitsbedürfnis und sind Verfechter der Freizügigkeit. Man muss sich also in Acht nehmen nicht hinterrücks angepinkelt zu werden. Hätte ich das mal vorher gewusst...
Und dann zurück zum Projekt, und immer schön aufpassen, dass keine Zigarettenstummel gegessen werden!
Der Pool:
Jeden Tag darf eine kleine erlesene Anzahl meiner Friends in den Pool steigen und sich am Wasser erfreuen. Um von vorneherein klarzustellen: Der Pool ist nicht erfrischend kühl, er ist körperwarm und so stark gechlort, dass man bei einmaligen Untertauchen Gefahr läuft zu erblinden.
Doch die Friends haben ihren Spaß und spielen z.T. sehr vergnügt mit den Wasserbällen oder mit sich selbst. Dann duschen und zurück in den Gruppenraum.
14:00 Uhr: Die Arbeit in der Gruppe ist beendet und ich gehe zurück zum Haus hoch um den Friends das Mittagessen zu servieren.
15:00 Uhr: Ende des Tages, auschecken „still arbeitnehmerlike“, und zur Bushaltestelle sprinten um die 24 zu kriegen.
Die Arbeit im Kfar Ofarim ist sehr anstrengend und oft auch nervenzehrend, aber dennoch sehr erfüllend und witzig, so schräg das klingt.
Das war es soweit von mir, hoffe es geht euch allen gut und ihr genießt das Wetter.
Wie ich mich nach Regen sehne... Als ob!
Shabbat Shalom,
euer Johannes
Hey JOJO,
AntwortenLöschenich schaue jede woche mal au feinen blog damit ich erfahre was du so treibst. Mir gefäält es ganz gut. Ich kann mir das ganze ganz gut bildlich vorstellen.
Ich finde es Klasse das du diesen Menschen hilfst.Freue mich auf die nächsten News!
SEE Yah!
Nobby